Bollendorf

VILLA RUSTICA - Wertvolles römische Kulturerbe

VILLA RUSTICA in Bollendorf
Wertvolles römisches Kulturerbe unter denkmalgerechter Überdachung
Fachleuten bekannt als Typus Bollendorf
von Paul Colljung, Bollendorf

Die großen Einweihungsfeierlichkeiten vom 24. bis 26. Juni anno 2000 werden Marksteine bleiben in der nun 1300-jährigen Geschichte des Grenzortes. Die anmutige und sonnige Tallage an der SURA, schon besungen vom römischen Dichter und Prinzenerzieher AUSONIUS in seiner MOSELLA mag die römischen Eroberer dazu bewogen haben, an drei Stellen in Bollendorf Wohnstätten zu errichten. Das Dianadenkmal, das Schiffergrab in den Jeichen, ein vom Hochwasser fortgespültes großes Mausoleum sowie ein Verladeplatz für große Steinquader für Bauvorhaben der Augusta Treverorum zeugen von vielen römischen Aktivitäten um Bollendorf. Der so segensreich von 1829 bis 1857 in Bollendorf wirkende Pfarrer Johann Dahlem war nicht nur Erbauer der großen St. Michaelskirche. Er barg wertvolle steinerne Relikte aus römischer Zeit aus der Sauer und wies unermüdlich hin auf die im Boden schlummernden Mauern der heutigen VILLA RUSTICA in der Nähe der Burg Bollendorf, wo unweit auch eine römische Brücke über die Sauer vermutet wird.

Immer wiederkehrende ländliche Arbeiten gefährdeten zunehmend die römischen Mauern. Das frühere Provinzialmuseum in Trier wurde durch den verdienstvollen Altertumsforscher Lauffs verständigt. Im Verein mit der Römisch-Germanischen Kommission des Archäologischen Institutes in Frankfurt leitete das Provinzialmuseum Trier 1907 die Ausgrabungen ein. Die Leitung lag in den bewährten Händen von Dr. Kropatschek und seinem technischen Assistenten Ebertz. Tatkräftige Hilfe gewährte Dr. Elvira Fölzer vom Museum in Trier. Das Ergebnis gewissenhafter Grabungsarbeiten waren die Grundmauern des Herrenhauses eines Gutshofes, einer VILLA RUSTICA. Bollendorf galt als einer der ersten Orte, wo ein derartiger Grundriss vorgefunden wurde. Fachleute gaben dieser römischen Villenarchitektur die Bezeichnung Typus Bollendorf.

Grundriss der Villa Typus Bollendorf

Während den Grabungarbeiten 1908

(Diese drei Darstellungen stammen vom früheren Provinzail-Museum-Trier - heute Landesmuseum)

Überrascht waren die Fachleute vom stellenweise gut erhaltenen Zustand der Grundmauern. Hinzu kam eine Vielzahl von Kleinfunden. Das Haupthaus hatte die Größe von 27 x 23 Metern. Die Villa wurde erbaut im 2. Jahrhundert n.Chr., zweimal verändert und im 4. Jahrhundert durch Feuer zerstört. Mittelpunkt des Hauses war das Atrium mit den Grundmaßen 17 x 11 Metern. Es wurde später überdacht und als Wohnhalle genutzt. Hier spielte sich das tägliche Leben ab, von hier aus wurde durch ein Schürloch auch der Herd beschickt. An den talseitigen Ecken befanden sich jene turmartigen Risalite, in denen sich auch sonnige Schlafräume befanden. Zwischen diesen befand sich eine Veranda. Risalite, Freitreppe und Veranda gaben dem Bau ein großzügiges Gepräge. Die Freitreppe der symmetrischen Vorderfront führte genau in die Wohnhalle. Veranda und Treppe waren groß unterkellert. An der Rückseite des Hauses waren Wirtschafts- und Vorratsräume. Den Abschluß der hinteren Raumgruppe bildete nach Norden ein Zimmer mit einer Größe von 12 m²; der einzige Wohnraum, der von der später eingebauten Hypokaustheizung geheizt werden konnte. Interessant sind die vier kleinen Räume zwischen dem westlichen Eckrisalit und dem Wohnraum. Sie enthielten einen Umkleideraum und drei Bäder. Kaltbad (Frigidarium), Laubad (Tepidarium) und Heißbad (Caldarium), das unter dem Fußboden beheizt war. Erkennbar waren auch die acht Säulen, die das Dach trugen. Überall waren Zapflöcher für Türen zu finden. Gut erhalten sind jetzt noch die großen Traufrinnen. Die Ausgrabungsarbeiten dauerten mit kleinen Unterbrechungen von1907 bis 1910. Ab 1919 verfasste Dr. Paul Steiner einen 60-seitigen Grabungsbericht, der auf den Aufzeichnungen von Dr. Kropatscheck fußte. Ein Modell der Villa im Maßstab 1:20 schuf Herr Schawel für das Provinzialmuseum. Die Gemeinde Bollendorf errichtete in Zusammenarbeit mit dem Provinzialmuseum 1925 ein großes Schutzdach über dem Badetrakt und zäunte die ausgegrabene Gesamtanlage ein mit einem Maschendrahtzaun. Einige neue Informationsblätter sagen unrichtig aus, daß Schloss Weilerbach und das Schutzdach der Villa Rustica bei der Ardennenoffensive zerstört wurden.

Vor der Überdachung 1997

Wahrheitsgemäß dauerte diese im hiesigen Raume nur zwölf Tage an. Den wahren Tatsachen entspricht, dass der Großraum Bollendorf mit 52 Westwallbunkern und vielen Kampfstellungen sowie der evakuierte Ort von Mitte September 1944 bis zum 12. Februar 1945 unter dem Beschuss amerikanischer Artillerie lagen. Das Dorf war zu 80% zerstört, wozu auch das Schutzdach der Villa rustica gehörte. Hier wirkende Ortsbürgermeister ließen in den Nachkriegsjahrzehnten die historischen Mauern ausbessern und von Wildwuchs säubern. Anfang der neunziger Jahre übernahm der Bollendorfer Eifelverein die Patenschaft über das historische Erbe. Dem Vorsitzenden Günter Braun gelang es durch beharrliches Verhandeln,1995 kompetente Vertreter des Eifelvereins, der Orts- und Verbandsgemeinde, der Bezirksregierung und des Rheinischen Landesmuseums an historischer Stätte zu versammeln. Die Saat ging auf: gefragt waren das Engagement des Eifelvereins, die Bollendorfer Vereinsgemeinschaft, Dorferneuerungsgelder und Holz aus dem Gemeindewald. Ausgehend von einem vom Landesmuseum begleiteten Praxissemester der Fachhochschule Trier unter Leitung von Professor Dieter Frowein wurden Modelle für ein denkmalgerechtes Schutzdach erarbeitet. Dieses sollte auch der ursprünglichen Größe des Herrenhauses gerecht werden. Unter 36 eingereichten Arbeiten im Wintersemester 1995/96, die alle über dem Durchschnitt lagen, wurden fünf Preisträger ermittelt. Den Wettbewerb gewannen Christoph Lehmann und Andreas Bettich. Die Gesamtkosten für das Dach und weitere Baumaßnahmen wurden zu jenem Zeitpunkt mit 770.000 DM angegeben. Die Holzarbeiten mit Leimholz und die Dachabdeckung gingen nach der Auftragsvergabe zügig voran. Das Richtfest konnte mit dem 100-jährigen Jubiläum des Eifelvereins im Oktober 1998 gefeiert werden.

Bauarbeiten 1998

"Bollendorf und die Region sind um eine Attraktion reicher". So war der Tenor aller Festredner, zu denen auch Dr. Karl-Josef Gilles vom Rheinischen Landesmuseum gehörte. Zum Jubiläumsabend der Ortsgruppe Bollendorf hielt Herr Dr. Hans Kuhnen vom Rheinischen Landesmuseum einen geschichtlichen Vortrag in Worten und Bildern zum Thema "Die römische Villa von Bollendorf und die Landwirtschaft der Römerzeit zwischen Eifel und Ardennen". Zum gelungenen Jubiläumsprogramm wurde nach einem gemeinsamen Umzug der Festteilnehmer in den historischen Mauern eine Gedenkplatte des Eifelvereins enthüllt, die allen Schaffenden früherer Zeiten in Bollendorf gewidmet ist. Inzwischen wurden vor der Anlage noch Eingangsbauten errichtet, wo sich Besucher didaktisch über geschichtliche Zusammenhänge, Baugeschichte der Villa Rustica, über steinerne Zeugen einer geschichtsträchtigen Landschaft informieren können. In Zukunft soll die Gesamtanlage ein Forum für Geschichte, Kultur und Kunst bedeuten. Sie soll die gallorömischen Wurzeln der moselfränkischen Region mit neuem Leben erfüllen. Bei geplanten Veranstaltungen soll sie Freizeit, Muße und historische Bildung bieten und offen sein für Gäste und Einheimische. Bunter konnte das Eröffnungsprogramm vom 23. bis 25. Juni 2000 kaum sein. Neben einem würdigen Festgottesdienst, einem SWR 4-Live-Programm waren Programmhöhepunkte: Folklore und Tanzmusik, Brass und Klezmer, Spiel und Spaß, Frühschoppen, gallorömischer Markt, Auftritte der Römischen Legionäre aus Bitburg, Essen und Getränke wie zur Römerzeit.

 
Denkmalgerechtes Schutzdach 2002

Alle Festredner gaben in ihren Ansprachen ihrer Zufriedenheit Ausdruck über ein wohlgelungenes Projekt VILLA RUSTICA. Der Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, Heinrich Studentkowski, wertete das Projekt als "mutiges und gelungenes Stück aller Beteiligten". Ministerialdirektor Walter Struntz vom rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium empfand, dass die Villa Rustica als römisches Erbe eine große touristische Attraktion für die Eifel bedeute. Dem Eifelverein und der Gemeinde Bollendorf sei Dank für die Idee zum Bau eines Schutzbaues, betonte Bürgermeister Hans Michael Bröhl. In den Dankesworten von Landrat Graef klang hervor, dass sich dieser Platz auf historischem Boden auch bald als gute Stube von Bollendorf für weitere Veranstaltungen anbiete. Hans-Peter Kuhnen vom Landesmuseum Trier umriss noch einmal die Baugeschichte der historischen Bausubstanz von ihren Anfängen bis heute.
Die veranstaltende Gemeinde Bollendorf fand in der Vereinsgemeinschaft, dem Eifelverein, der Verbandsgemeinde Irrel, dem Besucherzentrum Teufelsschlucht und den Eifeler Musiktagen e.V. tatkräftige und kompetente Partner.

Blick zur Ehrentribüne mit Festrednern

Einzug der "Legio Prima Bedensis XXII

Quellenhinweise:
Die Römer in Deutschland, J. v . Elbe
Bollendorf-Heimat im Grenzland, Paul Colljung
Die Kunstdenkmäler des Kreises Bitburg, E. Wackenroder
Ausflüge zu den alten Römern an Mosel und Rhein, Arthur Casper
Die Villa von Bollendorf, P. Steiner
Führer durch Bollendorf und Umgebung, Eifelverein
Rheinisches Landesmuseum / Provinzial-Museum, Trier


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