Die Ausstrahlung der Abtei Echternach auf den ländlichen Raum im 18. Jahrhundert

Von 1714 bis 1794 wurde das damalige Herzogtum Luxemburg unter Kaiser Karl VI (1714-1740), Kaiserin Maria Theresia (1740-1780) und Kaiser Joseph II (1780-1790) von Wien aus regiert. Zu dem Gebiet gehörte auch die heutige Südeifel, also Dörfer und Landschaften um die Städte Bitburg und Prüm bis Schleiden.

1697 fiel das Herzogtum Luxemburg von Frankreich an Spanien zurück, welches aber zwischen 1700 und 1714 unter starken Erbfolgekriegen litt und sich deshalb in Luxemburg nur wenig Baudynamik entfalten konnte.

Unter österreichischer Krone entstand eine 80-jährige Friedensperiode, die einen bis dahin nie da gewesenen wirtschaftlichen Aufschwung nach sich zog. Es entstanden Märkte und neue Straßen, die Landwirtschaft blühte auf, es wurden Schulen gebaut und der Bauer erhielt mehr Freiheiten. In diese Zeit fällt auch der Neubau der Abtei Echternach.

Die vom lothringischen Architekten Léopold Durand gezeichneten und von Sigmund Mungenast ausgeführten Pläne orientierten sich an Barockbauten, wie sie damals europaweit im Stil der Zeit entstanden sind. Der Neubau der Abtei, ein groß angelegter Quadratbau mit Eckpavillons und einem imposanten Prälatenflügel, begann im Jahre 1727 unter Abt Matthias Hartz (1717-1728) und wurde schon nach wenigen Jahren (1734) von dessen Nachfolger Grégoire Schouppe (1728-1851) fertig gestellt.

Dabei wurden zum ersten Mal fremde Architekten, Baumeister und Steinmetzen, die als Saisonhandwerker aus. Westtirol und Oberösterreich eingewandert waren, verpflichtet und schufen einen völlig neuen, für die ländlichen Verhältnisse ungewohnten Baustil.
Unmittelbar nach der Fertigstellung des Klosters begann die Abteileitung mit dem Bau sog. Abteidependenzien oder Domänen, die satellitenähnlich um das Mutterhaus gestreut liegen. In einem Umkreis von 3 bis 70 Kilometern entstanden Verwaltungsgebäude, Sommerresidenzen, Jagdschlösser, Erholungsheime und große Höfe, die im selben spätbarocken bis neo-klassischen Baustil gehalten sind.

Die typischen Baumerkmale, wie Eckpavillons, betonter Mittelteil und Barock- und Rokokotüreinfassungen mit Girlandenmotiven lassen den Einfluss der Abteiarchitektur, also die Verwandtschaft mit dem Mutterhaus, sofort erkennen.

Mehr noch, die aus Tirol und Oberösterreich eingewanderten Baumeister sind größtenteils im Herzogtum Luxemburg geblieben und haben im Echternacher Abteibaustil bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Bauernhäuser gebaut, die sich in der Großregion durch ihre ausgewogene Fassadeneinteilung und ihre reichen Dekorationen als wahre Kleinode ausmachen lassen. Sie fanden also ihren Weg in die Profanarchitektur, wo sie ihre unverkennbare „Handschrift“ an den Hausfassaden hinterließen.

Das didaktische Museum im Echternacher Rokokopavillon im Stadtpark erklärt diese These, sowie die Entwicklung der Stilrichtungen von der Abtei bis zum Bauernhaus in Bild, Ton und mit Hilfe von zahlreichen Modellen.

Der Doppeladler, Wappen der Abtei Echternach, dokumentiert nicht nur eine deutsch-luxemburgische Zusammenarbeit, sondern er erinnert auch an die österreichische Herrschaft, unter der diese einzigartige Stilverwandtschaft entstand.


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